Veröffentlichungen des Firmengründers

ERP-Beratungsstrategie Download-PDF (PDF 500KB)

Eine Veröffentlichung von Jürgen Finger zur ERP-Einführung
aus der Zeitschrift
Informationen für die Wirtschaft (IHK Pforzheim) Nr. 10/2006

Zur Verwirklichung der Zielsetzung der Industrieunternehmen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten beziehungsweise weiter auszubauen, haben ERP-Projekte einen hohen Stellenwert. In der Vergangenheit wurde nur ungern fremde Hilfe in Anspruch genommen. Dies hat sich in den letzten Jahren geändert. Die Anforderungen des Marktes steigern sich kontinuierlich und diese Veränderungen haben, wie viele Unternehmen erkannt haben, erhebliche Auswirkungen auf die internen organisatorischen Abläufe. Es ist unabdingbar, dass den Leistungssteigerungen im technischen Bereich und im Produktbereich eine organisatorische Leistungssteigerung folgen muss.

Es ist sehr erfreulich und anerkennenswert, dass nach langen Irrungen und Wirrungen in Sachen "Einsatz von ERP-Standard-Software" von den Unternehmern erkannt wurde, dass mit der Auswahl eines geeigneten Systems und mit der Realisierung und Einführung Spezialkenntnisse erforderlich sind und ein so extremer Aufwand verbunden ist, der ohne erfahrene externe Spezialisten von den Mitarbeitern neben dem eigentlichen operativen Tagesgeschäft - dieses muss unvermindert weiterlaufen – nicht bewältigt werden kann.

Nun tauchen aber gleich die nächsten Fragen auf! Wie findet das Unternehmen den geeigneten Berater für sein Gesamt-ERP-Projekt? Welche Beratungsstrategie muss dieser verfolgen und welche Beratungsleistung bietet er an, um in einer angemessenen Zeit und mit kalkulierbaren Kosten die Einführung eines ERP-Systems zu realisieren?

Der Beratermarkt ist zwar groß, aber die Erfahrung zeigt, dass noch immer all zu oft in ERP-Projekten nach der traditionellen Beratermethode gearbeitet wird: Ist-Analyse – Sollkonzept – Feinkonzept – Beratungsergebnis (Bericht mit Realisierungsvorschlägen).

Diese Methode bringt dem Anwender beim Einsatz von Standard-Software nicht schnell genug den erforderlichen Nutzen. Sie enthält mindestens zwei Schritte zu viel, dauert daher zu lange und es fehlt meist die "aktive" Unterstützung bei der Umsetzung der neugestalteten Geschäftsprozesse und bei der Einführung des Systems.

Eine langatmige Ist-Aufnahme und Darstellung der Abläufe ist aus dreierlei Gründen nicht erforderlich:
  • Der ständige Wandel auf dem Markt, insbesondere der Globalisierungseffekt, fordert von den Unternehmen weitreichende Veränderung und Anpassungen auch in den internen Abläufen und Verhaltensweisen. Wenn der Wandel als Unternehmensstrategie angesagt ist, erübrigt sich eine langatmige Beschäftigung mit der Vergangenheit. Der Blick in die Zukunft ist wichtig.
  • Zweitens kennt der erfahrene, pragmatische Berater alle Probleme eines Industrieunternehmens und erkennt innerhalb kurzer Zeit die Spezifika des individuellen Betriebes, den er berät.
  • Und drittens sind in der Diskussion im Projektteam über die Gestaltung der zukünftigen Geschäftsprozesse erfahrungsgemäß zunächst immer die bisherigen Abläufe die Basis, so dass der Berater weitere Details erfährt und unmittelbar Verbesserungen vorschlagen, besprechen und gemeinsam mit dem Team in einem groben Sollkonzept für die Zukunft festlegen kann.
Die logische ERP-Beratungsstrategie enthält zwei wichtige Aspekte, die für den Erfolg des ERP-Projekts der Unternehmen von großer Bedeutung sind:
  • Die Geschäftsprozesse werden in zwei Schritten entwickelt.
  • Der Berater übernimmt Mitverantwortung für das Gelingen des Projekts.

1. Bei der Einführung eines ERP-Standard-Systems macht es keinen Sinn, die Geschäftsprozesse vor der Softwareauswahl bis ins Detail zu definieren. In den vergangenen 10 - 15 Jahren haben die Softwarehäuser die Qualität der Standard-Softwaresysteme erheblich gesteigert. Bereits die Basis einer jeden guten Standard-Software bildet heute ein ausgefeiltes Organisationskonzept. Jeder, der sich mit der Funktion "Organisieren" auskennt, weiß, welchen ungeheuren Aufwand die Erstellung eines solchen Konzepts – zumal es um die Geschäftsprozesse für das gesamte Unternehmen geht – verursacht.

Jeder Unternehmer kann davon ausgehen, dass er mit einer qualifizierten Standard-Software dieses Konzept, das sich meist als sehr flexibel erweist, kauft. Es ist in der Software bereits enthalten. Warum sollte er es deswegen selbst erarbeiten und unnötige Kosten verursachen, um dann feststellen zu müssen, dass keine Software alle seine Detaillösungen enthält? Der Ausweg wäre, kostspielige Anpassungen vorzunehmen.

Der Schlüssel zum Gelingen des Projekts liegt vielmehr in einer logischen Strategie des Vorgehens. Die zukünftigen Geschäftsprozesse werden vor der Softwareauswahl nur grob als Richtschnur festgelegt, und es wird ein Anforderungskatalog erstellt, der alle erforderlichen Funktionen strukturiert aufzählt, nicht beschreibt.

Die Feingestaltung der Geschäftsprozesse erfolgt erst in der Realisierungsphase im Zuge der Implementierung der Software – und zwar in Anlehnung an deren organisatorisches Konzept. Die Flexibilität qualifizierter Software ist hoch genug, damit es gelingt, ohne Anpassungen ein individuell ausgerichtetes EDV-System zu erhalten.

2. Mit dem Abschluss der Softwareauswahl kann die Beratungsleistung des Beraters aber nicht zu Ende sein. Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit für den Berater.

Mitarbeiter mittelständischer Unternehmen sind damit überfordert, neben ihren ureigenen täglichen Aufgaben ein Großprojekt ERP-Einführung ohne erfahrene fremde Hilfe zu bewältigen.

Zurück zu führen ist dies darauf, dass einerseits die Kapazität nicht ausreicht und andererseits zu den vielen Sachproblemen, die im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Geschäftsprozesse in Verbindung mit der Standard-Software gelöst werden müssen, in einem Projekt, in das die ganze Firma involviert ist, menschliche, zwischenmenschliche Probleme in Bezug auf den Erfolg eine bedeutende Rolle spielen.

Der Berater, der die "aktive Beratung" (Berater - Moderator - Trainer, nach Prof. Peschanel) beherrscht und Mitverantwortung für das Gelingen des Projekts übernimmt, wird gemeinsam mit dem Projektteam in einer angemessenen Zeit und mit kalkulierbaren Kosten das Projekt zum Abschluss bringen. Damit wird erreicht, dass sich der Nutzen aus der hohen Investition schon relativ kurz nach dem Echtstart einstellen wird.

Jürgen Finger, Dipl-Kfm., Unternehmensberater.